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Arthur Löwens Bilder durchlaufen im Entstehungsprozess verschiedene Phasen, die immer auch die Herstellung von Malerei als Formation thematisieren. So hat Löwen ein individuelles malerisches Setting entwickelt, welches seine künstlerische Praxis gleichermaßen vorantreibt, als auch auf produktive Weise zu begrenzen vermag.

Die stetige Wiederholung des Prozedere schreibt der Künstler in Variationen fort und gibt damit der künstlerischen Auseinandersetzung einen technischen Rahmen.

So trägt der Künstler auf der Vorderseite der Leinwand dünne Farblagen auf, die von einer letzten kontrastierenden Schicht bedeckt werden. Während diese noch feucht ist legt er den Bildträger auf ein saugfähiges Tuch. Die ihm zugewandte Rückseite der Leinwand wird nun zum parallelen Spielfeld der Bildherstellung.

Bewusst eingesetzte malerische Gesten lassen sich auf der Vorderseite der Leinwand aufspüren: Abdrücke verweisen auf Körperlichkeit, ein geworfener „Monoblock” zeugt von Dynamik und Richtung, die zufällige Setzung ist Absicht, die Faltung des abgedrückten Tuchs ist sorgsam gewählt. Zudem erhält Löwens Name in Spiegelschrift Einzug auf der Leinwand, welcher mittels schwungvoller Linie als abstraktes Zeichen übersetzt wird und dabei keineswegs als Signatur zu verstehen ist. Dies kann auch als kritischer Verweis auf die Idee der Autorschaft und damit auch auf die gängigen Prinzipien und die Geschichtsschreibung der Malerei verstanden werden.

Schrift, Geste, Abdruck: die Bilder reflektieren sich selbst in ihrer Entstehung. Der Künstler zeigt so den Akt des Malens in seinen Komponenten auf. Arthur Löwens Malerei ist bestimmt von zeichenhaften Spuren, welche die Frage nach Bedeutung und Nichtbedeutung verhandeln.

So auch in der neuen Serie Variation, die Löwen im Kunstverein zeigt. Darin zieht der Künstler den aus der Musik stammenden Begriff „Counterpoint”, also Kontrapunkt, als malerische Referenz heran. Der Kontrapunkt beschreibt eine spezielle Kompositionstechnik, die als Gegenstimme einer vorhandenen Tonfolge gegenübertritt und als ästhetische Konstruktion gleichzeitig wahrgenommen wird. Der über Jahrhunderte gewachsenen Analogie von Musik und Malerei folgend – man denke nur an die Begrifflichkeit des Farbtons oder der Klangfarbe – überträgt Löwen diese Technik der Gegenüberstellung auf seine malerischen Werke. Wie zwei eigenständige Melodien, die gleichzeitig gespielt werden, finden auch in Löwens Bildern unterschiedliche malerische Konzepte auf derselben Bildfläche Platz, getrennt durch eine klare Teilung in der Bildmitte. Dabei folgt der obere Bildteil dem von Löwen etablierten Prozedere seines künstlerischen Index und schafft so die stets variable, aber dennoch charakteristische Struktur. Dem begegnet im unteren Bildteil die Malerei als Gegenstimme – eine Textur, die fließend, scheinbar keinen Regeln folgend, einen neuen Raum der Möglichkeiten eröffnet, oder manchmal auch dem Zufall überlassen, die Öffnung sucht.

Darüber hinaus lässt sich die Idee des Kontrapunkts auch im Ausstellungskonzept wiederfinden: zu jedem in den Arbeiten gesehenen Negativabdruck lässt sich ein Positiv zuordnen, das in Leinen- und Baumwolltüchern gespeichert ist. Die Tücher referieren partiell auf den Entstehungsprozess und kommen somit einem Archiv gleich, das hier im Ausstellungsraum Platz findet.

Mit den kleinformatigen Arbeiten der Serie Portraits rundet Löwen die TWODO Präsentation ab. Die Werke sind in der Auseinandersetzung des Künstlers mit dem Roman Die Ermordung des Commendatore von Haruki Murakami entstanden; die Geschichte erzählt unter anderem von der (Un)Fähigkeit eines Malers, „den Mann ohne Gesicht” zu porträtieren. Die Portraits zeugen abermals vom Interesse Arthur Löwens multidisziplinäre, intellektuelle Referenzen in sein eigenes Schaffen einzubeziehen.

(Text: Maurice Funken, NAK – Neuer Aachener Kunstverein, 2022)



Arthur Löwen’s paintings pass through various phases in the process of creation, which always address the making of paintings as a formation. Thus Löwen has developed an individual painterly setting that both drives his artistic practice forward and is able to limit it in a productive way.

The artist continues the constant repetition of the procedure in variations and thus provides a technical framework for the artistic exploration.

In this way, the artist applies thin layers of paint to the front of the canvas, which are covered by a final contrasting layer. While this is still wet, he lays the painting support on an absorbent cloth. The back of the canvas facing him now becomes the parallel playground of the painting’s production.

Deliberately applied painterly gestures can be detected on the front of the canvas: imprints refer to physicality, a thrown “monoblock” testifies to dynamism and direction, the random placement is intentional, the folding of the imprinted cloth is carefully chosen. In addition, Löwen’s name appears on the canvas in mirror writing, which is translated as an abstract sign by means of a sweeping line and is by no means to be understood as a signature. This can also be understood as a critical reference to the idea of authorship and thus also to the established principles and historiography of painting.

Writing, gesture, imprint: the paintings reflect themselves in their creation. The artist thus reveals the act of painting in its components. Arthur Löwen’s painting is determined by sign-like traces that negotiate the question of meaning and non-meaning.

This is also the case in the new series Variation, which Löwen is showing at the Kunstverein. In the series, the artist uses the music-related term “counterpoint” as a painterly reference. Counterpoint describes a special compositional technique that confronts an existing sequence of notes as a counter-voice and is simultaneously perceived as an aesthetic construction. Following the analogy of music and painting that has developed over centuries – one only has to think of the concept of color tone or tonal color – Löwen transfers this technique of juxtaposition to his painterly works. Like two independent melodies played at the same time, Löwen’s paintings also accommodate different painterly concepts on the same picture surface, separated by a clear division in the centre of the picture. The upper part of the picture follows Löwen’s established procedure of his artistic index and thus creates the always variable but nevertheless characteristic structure. This is met in the lower part of the picture by painting as a counter-voice – a texture which, flowing, seemingly following no rules, opens up a new space of possibilities, or sometimes, left to chance, seeks the opening.

Moreover, the idea of counterpoint can also be found in the exhibition concept: for every negative print seen in the works, a positive can be assigned, stored in linen and cotton cloths. The cloths partially refer to the process of creation and are thus like an archive that finds a place here in the exhibition space.

Löwen rounds off the TWODO presentation with small-format works from the series Portraits. The works were created in the artist’s examination of the novel Killing Commendatore by Haruki Murakami; the story tells, among other things, of the (in)ability of a painter to portray “the man without a face”. The portraits again testify to Arthur Löwen’s interest in incorporating multidisciplinary, intellectual references into his own work.

(Text: Maurice Funken, NAK – Neuer Aachener Kunstverein, 2022)